Sonntag, 14. Mai 2017

Irans Wahlen: Eine leere Scharade für die ethnischen Minoritäten


Rahim Hamid

12. Mai 2017

Aus dem Englischen: Einar Schlereth

Die Macht des Staates ist gottgegeben.

Bei den für den 19. Mai vorgesehenen Wahlen wetteifern die sechs Kandidaten um jede Stimme und alle wollen die wichtige Unterstützung der ethnischen Minoritäten gewinnen, die zusammen 50 % von Irans Bevölkerung ausmachen.
Alle sechs Kandidaten - Hassan Rouhani, Ibrahim Raisi, Mohammad Baqer Qalibaf, Issaq Jahangiri, Mustapha Hashmi Taba und Mustapha Muslim – benutzen Parolen und Versprechungen, die diese Gruppen lieben, wie die Reduzierung der Inflation, Arbeitsbeschaffung, und die Bekämpfung der endemischen Korruption in diesen Regionen.

Alle sechs versprechen auch die Aktivierung der seit lange suspendierten Artikel 15 und 19 der iranischen Verfassung, die den unterdrückten Ethnien endlich Zugang zur Erziehun in ihrer Muttersprache und die Erlaubnis, eigene kulturelle und zivile Zentren einzurichten, verschaffen würde. Obwohl sie zusammen mehr als die halbe Bevölkerng des Landes bilden, werden alle Minderheiten – Aserbaidschaner, Kurden, Turkmenen, arabische Ahwasis und Belutschen – nur in den Wahlzeiten vom Regime beachtet und umworben. Ansonsten werden sie brutal unterdrückt und bewusst von der Zentralregierung marginalisiert, die immer sogar die Idee politischer, kultureller und wirtschaftlicher Rechte leugnete.

Das Thema ist effektiv tabu wegen der rassistischen Denkungsweise des Regimes und dem phobischen Terror bei separatistischen Aufständen, die periodisch immer wiederkehren und zu ständigen Razzien und pausenloser Unterdrückung führen; das Regime missachtet sogar die Tatsache, dass die grundlegenden Menschenrechte in der gegenwärtigen iranischen Verfassung festgeschrieben sind.


Die meisten Minoritäten leben an der Peripherie des Landes, wo diese Völker enge Verbindungen mit den benachbarten Staaten Irak, Aserbaidschan, Turkmenistan, Pakistan und Afghanistan teilen.

Die Strategie der iranischen Führung gegenüber den Minoritäten ist immer die gewesen, sie als eine ”nationale Sicherheitsbedrohung” anzusehen, weshalb sie jederlei andere Meinungen oder Menschenrechts-Aktivitäten als gefährlichen radikalen Aufstand ansieht und folglich verfemt.

Trotz der offiziellen Haltung der Islamischen Republik, die erklärt, dass der Islam und folglich auch das Regime keinen Unterschied zwischen Moslems und Ethnien oder Rasse machen, diskriminiert das Regime die Minoritäten in jeder Hinsicht und verfemt sogar ihre Sprachen und Kulturen. Erstaunlich bei der angeblichen ’Widerstands’ Haltung des Regimes, das behauptet, für die Freiheit des arabischen palästinensischen Volkes einzutreten, ist man gegen die arabische Sprache der Ahwasi-Araber im Süden und Südwesten des Landes.

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Die Politik des Regimes ist durch und durch rassistisch und der Natur nach sektiererisch, die den Ahwasis ihren Glauben verbietet und sie zwingt, die staatliche Variante des fundamentalistischen Shiismus anzunehmen. Viele Experten haben gewarnt, dass das Land in seiner jetzigen Form am Ende auseinanderbrechen wird, wenn den Minoritäten nicht ihre grundlegenden Rechte gewährt werden.

Dennoch verfolgt das Regime weiterhin seine rassistische Doktrin, die ihre fundamentalistisch Theokratie mit persischem Nationalismus anreichert. …. Es will dem Land eine Homogenität aufzwingen, die gar nicht vorhanden ist.

Die ethnischen Gruppen kennen die Liste mit Verbrechen gegen die Menschlichkeit von allen Kandidaten, vor allem von Hassan Rouhani, Ibrahim Raisi und Mustafa al-Mursalim, die den Prognosen zufolge große Chancen haben unter die ersten drei zu kommen. Das lässt die Mitglieder von Minderheiten zweimal nachdenken, bevor sie wählen.

Ibrahim Raisi z. B. Hat sich durch seine Rolle bei den Massenhinrichtungen von 1988 besonders hervorgetan, als tausende Dissidenten erschossen wurden. Obwohl 29 Jahre vergangen sind, wissen die meisten Angehörigen der Opfer immer noch nicht, wo diese begraben liegen. Den Massen-Hinrichtungen folgten Schauprozesse auf Basis eines Dekrets von Ayatollah Khomeini, dem Gründer der Islamischen Republik.

Mustafa al-Mursalim ist bekannt als ”der Scharfrichter des Buches und der Medien”; er war Minister unter der Präsidentschaft von Hashemi Rafsandschani zwischen 1993 und 1997.

Die Liste mit Verstößen gegen die Menschenrechte von dem gegenwärtigen Präsidenten Hassan Rouhani ist nicht besser; er hat tausende Dissidenten, darunter Journalisten und zivile Aktivisten, besonders Arabische Ahwasis, Kurden und Belutschen eingekerkert und gefoltert, falsche Geständnisse erpresst, die bei farcenhaften Prozessen benutzt wurden, deren Ergebnisse vorherbestimmt waren; viele wurden zum Tode verurteilt oder zu langjähriger Haft und Verbannung. Die iranische Menschenrechtsorganisation erklärte in ihrem jüngsten Jahresbericht, dass laut neuesten Statistiken 530 Menschen im vergangenen Jahr hingerichtet wurden, 44 Ahwasi und Kurden, die unter der Anklage der ”Feindschaft gegen Gott” und ”der Verbreitung von Korruption auf Erden”. Die Organisaton schreibt, dass die vage Anklage ”Feindschaft gegen Gott” routinemäßig von den ”revolutionären” Gerichtetn benutzt wird, um die Hinrichtung politischer Aktivisten zu rechtfertigen.

Laut dem Report benutzen die Behörden diese Anklage gegen jeden, der mit Parteien und Organisationen zu tun hat, die gegen das iranische System sind, auch wenn es friedliche Aktivisten sind. Laut ’Islamischem Strafrecht’ kann jeder, der wegen der ebenfalls vagen Anklage ”Korruption auf Erden”automatisch die Todesstrafe erhalten. Der Report bezieht sich auf die Hinrichtung von drei Ahwasi polit-Aktivisten – der 20-jährige Ahmad Obeidawi, sein Bruder Sajad, 26 Jahre alt, und ihren Cousin Qais Obeidawi, 25 Jahre alt – am 17. August 2016 – unter der Anklage ”Feindschaft gegen Gott”, ”Verbreitung von Korruption auf Erden” und ”Bedrohung der nationalen Sicherheit”.

Eine weitere im Report dokumentierte Exekution war die des Sunni-Predigers Shahram Ahmadi und 25 kurdischer politischer Gefangener, die zusammen wegen Zugehörigkeit zu kurdischen Oppositionsorganisationen im August 2016 hingerichtet wurden.

Laut der Menschenrechtsorganisation wurden diese Gefangenen unter schwerer Folter verhört und im Schnell-Verfahren verurteilt, ohne Verteidiger und gehängt, ohne noch einmal ihre Familien sehen zu dürfen. Der politische Gefangene Mohammad Abdulallahi wurde auch wegen Zugehörigkeit einer kurdischen Oppositionspartei am 9. August hingerichtet. Laut Report hat er keine gewalttätige bewaffnete Aktion durchgeführt, aber das Gericht verurteilt ihn wegen ”Feindschaft gegen Gott”, weil er eine kurdische Oppositionspartei im Exil unterstützt hatte.

Irans Minoritäten haben unter Ahmadinedschad und Hassan Rouhani die höchste Rate an Verhaftungen und Hinrichtungen erlebt. Gleichzeitig haben sie nichts von dem Wohlstand, den Jobs oder örtlichen Regierungsposten erhalten, die ihnen von ihnen versprochen worden waren. Unter Ahmedinedschad wurden 2300 politische Gegner, Sunnis oder Anhänger anderer Sekten hingerichtet. Unter der 1. Amtszeit des ”reformistischen” Hassan Rouhani gab es fast 2400 Hinrichtungen, sowohl öffentliche als auch hinter verschlossenen Türen.

Sechs der iranisch-kurdische Exilparteien hatten ihre Anhänger aufgefordert, die Wahl zu boykottieren, genau wie die Exil-Parteien der Belutschen, Türken und Ahwasis. Allen ist klar, dass dieses System nicht zu reparieren geht, das auf Diktatur basiert, auf der Bestätigung des ’Absoluten Juristen’, der den Despotismus legitimisiert, indem er das rechtsphilosophische Wächteramt über das Gesetz stellt und sich selbst die totale Macht über alle staatlichen Organe und Kontrolle über den Generalstab der Armee zuschanst und somit seine Position zur ersten und letzten Entscheidungsinstanz macht. Das Regime verbietet jede Partei oder Organisation, die die Doktrin des ’Wilayat-e Faqih’ [Herrschaft des Juristen] verwirft und verweigert ihnen jede Legitimität, am politischen Prozess teilzunehmen.

Auf dieser Basis schließt das Regime ethnische Minoritäten wie die Arabischen Ahwasis von der Bildung einer eigenen Partei aus, was genauso für alle nicht-shiitischen Religionen wie Sunnis und Bahia gilt.

In den vergangenen Jahren, seit der Entstehung der ’Reform -Bewegung, die auch dem Schoß des Regimes entsprang, verschwanden blitzartig frühere Versuche, den iranischen Minoritäten ihre Rechte zu geben, die unter Präsident Khatami entstanden waren. Unter Khatami hatten Minderheiten die Chance, in ihren Regionen kulturellen und politischen Aktivismus zu entfalten. In Ahwaz (die Hauptstadt von Chusistan. D. Ü.] schufen prominente Ahwasi-Persönlichkeiten die reform-orientierte Wefagh- Partei im Rahmen der gegenwärtigen Verfassung, die versuchte, die bereits genannten Artikel 15 und 19 zu verwirklichen.

Die Partei versuchte auch, politische, ökonomische und kulturelle Fortschritte zu erreichen und wichtige Positionen in den regionalen politischen und wirtschaftlichen Sektoren zu festigen. Die Leute sollten lieber zu den Ahwasis statt zu den iranischen Geschäften gehen, wie es jetzt der Fall ist, um wenigstens teilweise ihre eigenen Angelegenheiten in die Hände zu bekommen.
Das dauerte nicht lange. Bis zu einem vertraulichen MEMO das 2005 aufflog und Empörung auslöste. Es war ein Memo des Vizepräsidenten Mohammad Ali Abtahi an verschiedene Ministerien bezüglich der Beschleunigung des Regime-Programms zu zwangsweisen demograaphischen Veränderung der Al-Ahwaz Region. Es riet den Ministerien, ethnische Iranier aufzufordern, sich in der Region niederzulassen als ein Mittel, schrittweise arabische Ahwasi Identität und Kultur auszulöschen und effektiv die Region zu ’ver-persern’.

Die Wut der Ahwasis verursachte eine Massenerhebung oder Intifada, bei der viele Demonstranten durch die schwer bewaffnete iranische Krawall-Polizei brutal ermordet wurden.

Eine Anzahl junger Demonstranten, die lediglich an den Demonstrationen teilgenommen hatte, wurde gefoltert und ihre gefesselten und verstümmelten Leichen in Plastiksäcken wurden später im Fluss Karoon gefunden.

Dies führte zu weit verbreiteter Angst und einem erstickenden Klima der Unterdrückung in der ganzen Region, gefolgt von einem Alptraum von Hinrichtungen Intellektueller und ziviler und politischer Aktivisten. Dutzende Ahwasis – Studenten, Akademiker und Aktivisten - wurden 2006 und 2007 verhaftet und in grotesken Schau-Prozessen mit den üblichen lächerlichen Anklagen zum Tode verurteilt oder zu lebenslanger Haft.

Als Ahmedinedschad an die Macht kam, wurden die zivilen und kulturellen Aktivitäten der Wefagh Partei sofort verboten und die meisten ihrer Mitglieder wurden verhaftet, hingerichtet oder in verschiedene Teile des Landes verbannt

Vor den Exekutionen wurden die durch Folter erpressten Bekenntniss der Parteiführer über Radio und die staatlichen Fernseher verbreitet, wodurch das Regime sich selbst sureal als Opfer darstellte und damit den Ahwasi-Kampf noch mehr beschmutze.

Weitere anti-arabische Maßnahmen von Ahmedinedschad waren, dass 60 arabische zivile und kulturelle Institute und ökonomische und wissenschaftliche Organisationen als illegal erklärt wurden. Die radikale Politik der Ahmedinedschad-Regierung verwandelte das politische Klima in Ahwaz effektiv in einen Widerstand gegen die militärische Besatzung. Trotz der ständigen Verfolgung durch das Regime setzten Ahwasi- Aktivisten weiter ihr Leben aufs Spiel und führten friedliche Demos gegen die Ungerechtigkeiten durch, die ihnen angetan wurden, worauf das Regime mit gewohnter Brutalität antwortete und viele einsperrte und hinrichtete.

Nach 2005 hat eine Ahwasi bewaffnete Gruppe unter dem Namen Arabische Kampf-Bewegung zur Befreiung von Ahwaz, als Antwort auf die Regierungs-Brutalität Bombenangriffe aus Öl- und Gasinstallationen durchgeführt.

Das unterdrückte Volk von Ahwaz hat Jahrzehnte lang alle friedlichen, gesetzlichen Wege beschritten, um die grundlegenden Menschenrechte, die ihm vorenthalten werden und die das Geburtsrecht laut der Universalen
Menschenrechtserklärung sind, zu erhalten. Unglücklicherweise, wie die tragische Geschichte zeigt, hat es nichts erreicht, weder von den angeblichen Reformisten wie Rouhani und Khatami oder von Hardlinern wie Ahmedinedschad. Alle dieses Kandidaten halten nette Reden vor den Wahlen, versprechen das Blaue vom Himmel, aber für die Ahwasis und Irans andere Minoritäten sind die Versprechungen wie die Wahlen selbst sinnlos.


Rahim Hamid ist freelance Journalist und Menschenrechtler und mit-Begründer der Ahwaz Monitor Webseite. Er schreibt über das Elend seines Volkes und anderer Ethnien in Iran. Ihr könnt ihm hier auf Twitter folgen
https://twitter.com/samireza42?lang=en

Quelle - källa - source

1 Kommentar:

  1. QUellenlose Behauptungen eines in der USA lebenden. Alles was er behauptet sind eben nur Behauptungen! Ein guter CIA-Mosad Mann dieser Rahim Hamid!

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